Narzissmus im Management

Narzissmus im Management_Andrea von Graszouw

Narzissmus im Management

Fluch und Segen von Narzissmus im Management

„Er ist alles, die Welt ist nichts – oder vielmehr: Er ist die Welt.“

Erich Fromm (Psychologe und Philosoph, 1900 – 1980) in „Die Kraft der Liebe“ 

Narzissmus im Management stellt die Unternehmen und Organisationen vor zahlreiche Herausforderungen. Wie bereits erwähnt (Lesen Sie bitte auch die Beiträge Einführung zum Thema Narzissmus, Narzissmus und Mediation und Regeln im Umgang mit Narzissten) bedarf es einer Reihe von besonderen Eigenschaften und Fähigkeiten, um ein Unternehmen heutzutage erfolgreich zu managen. Die gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen verlaufen rasant. Viele Unternehmen sind gezwungen, ihre Geschäftsmodelle grundlegend zu überdenken. Verpassen Unternehmer und Manager den Anschluss, werden sie von Mitbewerbern überholt, verlieren Marktanteile und gehen letztlich in die Insolvenz. Der Manager von heute sitzt mehr denn je auf einem Schleudersitz. Die Erwartungen der Stakeholder, Gremien und auch der Mitarbeiter sind hoch und kaum mehr zu erfüllen. Der Druck steigt.

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Der narzisstische Manager und sein Streben

Manager mit stark ausgeprägten narzisstischen Persönlichkeitsanteilen streben fieberhaft nach Macht, Einfluss, Anerkennung und Status. Getrieben von ihren inneren Glaubenssätzen und frühkindlichen Verletzungen, versuchen sie Altes aufzuholen. Sie wollen endlich die Liebe und Aufmerksamkeit bekommen, die ihnen als Kind vorenthalten wurde. Als Führungskraft im Unternehmen finden sie schließlich ihre Bühne. Einmal erreicht, tun sie fast alles, um den Verlust ihres Status zu verhindern. Die Angst, beruflich und privat zu versagen, ist hoch.

Chancen und Risiken von Narzissmus im Management

Einerseits kann das Unternehmen von Mitarbeitern mit dieser Persönlichkeitsstruktur profitieren: Zielstrebig, erfolgsorientiert und belastbar sind sie. Im vorauseilenden Gehorsam ergreifen sie schonungslos Maßnahmen, wo andere Menschen aus Gründen der Humanität gesunde Skrupel und Bedenken hätten. Ihr eigenes Handeln rechtfertigen sie gern mit Plattitüden wie „DAS MACHT MAN SO“. Schon Offiziere wie Adolf Eichmann, die vor Gericht für ihre Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg zur Verantwortung gezogen wurden, haben sich laut Marshall B. Rosenberg mithilfe der „AMTSSPRACHE“ erfolgreich von ihren Gräueltaten distanziert. ¹

Das Ganze ist für das Unternehmen nicht ohne Risiko. Für die Gremien und Stakeholder mag es anfangs bequem sein, jemanden gefunden zu haben, der die „Drecksarbeit“ still erledigt und außerordentliche Erfolge generiert. Doch es gibt auch eine Kehrseite. Narzisstische Führungskräfte sind dafür bekannt, zu hohe Risiken einzugehen, sich selbst zu überschätzen und Fehler zu vertuschen. Oftmals kommt erst Jahre später das „böse Erwachen“ und der Manager verlässt dann stillschweigend „im gegenseitigen Einvernehmen“ das Unternehmen. (Bis er dann Monate oder Jahre später in einem anderen Unternehmen wieder auftaucht.)

Narzisstische Verhaltensweisen und die Auswirkungen auf die Belegschaft

Narzissmus im Management ist für die Belegschaft fatal. Narzissten sind nicht für das Unternehmen da, sondern das Unternehmen dient nur der Erfüllung ihrer eigenen Bedürfnisse. Verständnis und Mitgefühl für ihre Mitarbeiter zeigen sie daher selten, es sei denn, es dient ihrem Zweck. Manipulationen, emotionale Erpressung und Schuldzuweisungen sind ihre Wesensmerkmale. Vereinen sich diese schädlichen Persönlichkeitsanteile in der Führungskraft, hat das negativen Einfluss auf das gesamte Unternehmen. Mobbing, Bossing und Stalking werden Tür und Tor geöffnet. Kein noch so gut aufgestellter Betriebsrat wird an dieser Stelle die Rechte und Bedürfnisse der Beschäftigten schützen können.

Narzissmus im Management
Narzissmus im Management ist Fluch und Segen zugleich

Das Ende einer narzisstischen Karriere

Gestoppt werden diese Art von Führungskräften erst, wenn sie scheitern oder durch ihre Verlust- und Versagensangst an die Grenzen ihrer eigenen Belastbarkeit kommen. Angststörungen, Panikattacken, Drogen oder Kompensationshandlungen bei Depressionen wie übermäßiger Sport oder sexuelle Auswüchse sind die Folge. Einige von ihnen werden entweder durch übermäßigen Druck von außen oder durch das Erkennen ihrer eigenen Fehlbarkeit in den Freitod getrieben, wie im zweifachen Fall der Züricher Versicherung.

Resümee

Gremien und Stakeholdern kommt bei der Besetzung von Managementpositionen eine besondere Verantwortung zu. Neben den wichtigen fachlichen Kompetenzen müssen die menschliche Reife, die Fähigkeit zur Empathie und ein gesundes Konfliktverhalten unbedingt in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Darüber hinaus empfehle ich die Verankerung einer regelmäßigen Supervision für die Führungskräfte in ihren Anstellungsverträgen. Auch ein regelmäßiger Austausch zwischen Gremien und Belegschaftsvertretung hat sich bewährt. Wer ausschließlich auf die jährlichen schöngefärbten Lageberichte des Vorstandes bzw. der Geschäftsleitung vertraut, wird seiner Verantwortung nicht gerecht. Er macht sich mitschuldig, wenn das Unternehmen in Schieflage gerät und für die menschlichen Dramen, die sich hinter den verschlossenen Türen der Unternehmen abspielen.

Herzlichst, Ihre Andrea von Graszouw

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Quelle: ¹ Rosenberg, Marshall B. (2011). Konflikte lösen durch Gewaltfreie Kommunikation. Verlag Herder GmbH. Freiburg am Breisgau.

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